KAUFHAUSTERRORISTEN

Ein Interview aus dem Phantom
(radikal-regionales Rundschreiben) Nr.9

June 18, London

Dies ist ein Interview mit einer Einzelperson und gibt NICHT unsere Meinung wieder!

Hilfe!!! Mörder (von Parfümregalen)! Gewalttätige Autonome! Und in der BZ stand auch noch (und das ist das schlimmste!), daß die von der AAB-Terroristen-kriminelle Chaoten sind... Ich las die Zeitung und war empört! Wie konnten sie es wagen einfach in mein Lieblingskaufhaus einzudringen und es auf brutale Art und Weise zu schänden? Ich wollte die Empörung nicht in meinem Wohnzimmer mit meinem Fernseher teilen, also schnappte ich mir meine Knarre aus den guten alten Zeiten als Mitglied der Freiwilligen Polizeireserve, aus der ich wegen der Mitgliedschaft in einer völlig harmlosen kleinen Partei herausgeflogen war und ging auf die Straße. Nachdem ich mehrere Tage durch Friedrichshain patrouliert war, kriegte ich endlich einen von diesen gemeinen Chaoten, einem Mitschuldigen daran, daß es soweit kommen konnte, zu fassen. Ich hielt ihm meine gute deutsche Dienstpistole vor die Störervisage, zog ihn in den nächsten Keller und stellte ihn zur Rede...

Phanti: Ja, hier haben wir einen Herrn von RTS. Was is´n RTS überhaupt? Was ist die Idee? Erzähl doch mal!

RTS: Also als erstes wollte ich eigentlich schon sagen-ja also du hast mich ja angesprochen ob wir ein Interview machen können, weil ich aus dem RTS-Umfeld komme und sonst irgendwas - das es das Umfeld an sich gar nicht gibt. Es gibt auch keine RTS-Gruppe. Es gibt halt nur ein paar Leute die so´ne Party organisieren und versuchen, ja, Raum zu bieten für Aktionen oder das die Leute auf der Straße halt machen können, was sie wollen. Was nun RTS an sich is, ist für mich schwierig zu erklären, bzw. ich seh es halt ziemlich stark in diesem "Do it yourself"-Kontext. Reclaim the streets heißt eigentlich übersetzt zurückerobern der Straße und das soll´s eigentlich sein. Das kann jedeR machen wie er/sie will. Also da kann mensch halt Party auf der Straße machen, mensch kann aber genauso gut irgendwelche riots auf der Straße machen. Das dürfte sich nicht ausschließen wie die letzte RTS wahrscheinlich auch bewiesen hat, da da auch meiner Meinung nach endlich mal was heftigeres passiert ist, als auf der Straße tanzen oder Musik zu hören.
Ja RTS an sich kommt aus England und ist dort aus den Anti-Autoprotesten entstanden. Also da war halt die Form für die Leute da Straßen zu blockieren, den Verkehr lahmzulegen bzw. auch da wo Straßen gebaut werden sollten die Trasse zu sperren das die Bauarbeiten halt nicht vorwärts gehen konnten. Das ganze wurde dann halt in den Kontext von Antikapitalismus gestellt, halt das Auto als Sinnbild für Konsum und und was weiß ich Freiheit im Kapitalismus wird dort halt angegriffen. Ja in England ist es inzwischen ziemlich groß geworden. Da finden jährlich keine Ahnung etliche RTS-Partys statt und auch Aktionen halt. Ja und in Dt. gibt´s mittlerweile auch in ziemlich vielen Städten RTS-Partys und ja ich hoffe
........ nada nada nada Band baut scheiße......

Phanti: Wo denn überall?

RTS: Also ich hab jetzt gehört von Leipzig, Dresden, in Frankfurt am Main gibt´s halt so´ne Nachttanzdemos gegen die Sperrstunde statt, was so ähnlich ist wie RTS. In Köln war wohl auch schon´ne kleine, in Hamburg war auch schon eine. Es gibt bisher noch keinen so großen Austausch zwischen den einzelnen Gruppen hier in Dt. Daher kann es auch sein das irgenwo welche stattgefunden haben von denen wir gar nichts wissen. Ach ja was noch ganz wichtig ist, ist Bielefeld. Die Anti-A33-HüttendörflerInnen haben da ziemlich (viele) RTS-Partys gemacht.

June, 18th in London ...irgendwie fehlt da jetzt er Bezug. War wohl auf der Bandausfallstelle. Da gings irgendwie darum, die "Freiheit" anzugreifen, und dann fehlte die Aufklärung, daß sie die scheinbare Freiheit im Kapitalismus meine...

Phanti: Noch mal zurück zur Freiheit des Autos und so. Was wollt ihr denn bekämpfen, die Freiheit oder den Kapitalismus? die Freiheit zu bekämpfen wäre ja auch das Dümmste was mensch machen könnte (das SätzzA)

RTS: Natürlich schon den Kapitalismus und vielleicht auch die  Freiheit im Kapitalismus. Von Helmut Kohl unserem ehemaligen Bundeskanzler wurde ja mal betont, das es ganz wichtig ist freie Fahrt für freie Bürger zu haben. In diesem Kontext wird natürlich Freiheit ganz anders verstanden als in unserem Umfeld. Für´n Bürger mit 260 über´ne Autobahn zu rasen und sich wahnsinnig frei zu fühlen, obwohl er/sie ´s nicht is.

Phanti: Es geht dann doch noch um mehr als sich vor Autos zu stellen. Wie ja auch die englischen RTS zeigen. Die ham sich da nämlich mit irgendwelchen streikenden ArbeiterInnen solidarisiert und so. Das ist ja schon mehr, oder?

RTS: In England auf jeden Fall. Bei uns ist halt ... also ich kann nur von Berlin reden, was hier bisher abgegangen ist, war halt eher schon so´n Szeneding das mensch sich selber auf der Straße feiert und nen Freiraum hat für kleine Aktionen wie was weiß ich die Straße bemalen oder jonglieren blabla.
Und bisher so Zusammenarbeit mit anderen sozialen Gruppen gibt´s eigentlich bisher noch gar nicht und mir fällt jetzt im Moment auch gar nichts so richtig ein...Also so was wie die Dockarbeiter in Liverpool mit denen sich RTS solidarisiert hatte oder die bzw. auch ziemlich eng zusammengearbeitet haben. So was gibt es meiner Meinung nach in Deutschland einfach nicht. Ne Gewerkschaft in England zum Beispiel ist was ganz anderes als ne Gewerkschaft in Deutschland. Da hab`n die Gewerkschaften meiner Meinung nach noch einen viel engeren Basiskontakt. Von daher-also ich möchte nicht mit einer Gewerkschaft hier in Deutschland zusammenarbeiten. Wie mensch sonst sonst an die ArbeiterInnen rankommt ist halt ne gute Frage.

Phanti: Und also noch mal zu Berlin. Siehst du die leztzte RTS-Party als Erfolg, als Niederlage? Wie schätzt du das ganze ein?

RTS: Als erstes ist es für mich auf jeden Fall keine Niederlage, sondern ein großartiger Erfolg, ohne jetzt in AAB-Jargon zu verfallen. Aber es hat sich zumindest gezeigt, daß die Leute mehr wollen, als auf der Straße zu tanzen. Also die Geschichte mit dem Laffayette, der rechne ich doch schon einen ziemlich hohen Stellenwert an. Weil das eine neue Qualität ist bei den Partys. Bisher waren die Partys halt immer ziemlich friedlich. Naja, es wurde halt getanzt, Musik gemacht usw., also nicht groß jetzt irgendwas angegriffen, außer dem Straßenverkehr natürlich. Und dies mal war es halt allein durch die Wahl des Ortes wahrscheinlich schon vorgegeben, daß irgend was passieren mußte. Und im Endeffekt ist es ja dann auch passiert. Es war alles relativ zufällig, da die Bullen die Leute eher ins Lafayette reingetrieben haben, aber immerhin ist was kaputt gegangen. Und das finde ich schon ziemlich geil. Also wenn die Leute jetzt einfach nur so durchs Lafayette gelaufen wären, hätte ich das ziemlich dumm gefunden. Und ich meine, die Medienpräsenz, die die es jetzt gibt von RTS- fast alle Tageszeitungen haben etwas darüber geschrieben und mensch stürzt sich irgendwie ziemlich auf das Thema RTS. Und das ist meiner Meinung nach auch ein Erfolg. Also wir sind jetzt raus aus diesem Szeneding und es wird jetzt einfach eine größere Öffentlichkeit geben, wenn wieder RTS-Partys stattfinden. Aber natürlich wird jetzt in den Zeitungen zum größten Teil einfach nur über die ChaotInnen, die ins Lafayette gestürmt sind und dabei komischerweise von den OrganisatorInnen der RTS geredet, die sich distanzieren von den Randalen. Was ich überhaupt nicht nachvollziehen kann, weil es einfach offiziell keine OrganisatorInnen gibt. Schon gar nicht für irgend eine Presse, die dann irgendwelche Interviews führen kann.

June, 18th in London Phanti: Wie schätzt du die Entwicklung von RTS ein? War das eher so ein gleichmäßiges Ding? Es hat sich schon verbreitert, so wie ich das von außen sehe?

RTS: Von außen gibt´s dabei eigentlich nicht. Ich möchte auch echt betonen, daß ich-ich mach zwar dieses Interview-aber ich bin nicht von RTS Berlin. Also ich bin jemand, der dabei ist und irgendwas mitorganisiert, aber also RTS, da jedeR für sich da ist. Also, die Entwicklung, es ist schon mehr geworden. Allerdings muß mensch natürlich berücksichtigen-also die vorletzte RTS war am 30. April zur Walpurgisnacht. Da waren natürlich ziemlich viele Touris in der Stadt, die halt wegen dem 1.Mai da waren. Und darauf gewartet haben , das was passiert. Den Bonus hatte RTS dann da einfach. Da waren da schon ziemlich viele Leute da. Und dann kam da halt die Kesselgeschichte-was meiner Meinung nach auch zu einer größeren Öffentlichkeit geführt hat, oder dazu, das sich 300 Leute, die im Kessel saßen, mehr mit RTS beschäftigt haben. Ich denke mal, je mehr Leute sich damit konkret beschäftigten, desto größer wird die Bewegung. Und jetzt die letzte hat gezeigt,...hm ja, ich weiß nicht wie viele da waren -so zwischen 1000 und 2000, optimistisch natürlich 2000, realistisch na ja 1000- daß da auf jeden Fall Leute dazu gekommen sind für eine normale RTS. Ich denke und hoffe mal, daß es so weiter geht. Obwohl ich jetzt nicht unbedingt so darauf aus bin, daß es halt immer mehr Leute werden, sondern eher, daß halt die Leute wissen, das sie auf einer RTS sind. Daß das nicht einfach bloß ein Straßenfest ist, sondern als erstes ein illegales Straßenfest, also nicht bei den Bullen angemeldet. Von daher eigentlich schon eine politische Aktion. Und das sollte jedem/R schon bewußt sein. Und zum anderen hoffe ich, daß sich auch mehr Leute auf so Aktionen vorbereiten. Halt einfach ihr Ding machen, sich überlegen, was mensch in dieser Stadt machen kann als Protest gegen Stadtpolitik (welche ? - das SätzA), gegen Vertreibung usw...


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