Phanti:
Ja, hier haben wir einen Herrn von RTS. Was is´n RTS überhaupt?
Was ist die Idee? Erzähl doch mal!
RTS:
Also als erstes wollte ich eigentlich schon sagen-ja also du hast mich ja angesprochen
ob wir ein Interview machen können, weil ich aus dem RTS-Umfeld komme
und sonst irgendwas - das es das Umfeld an sich gar nicht gibt. Es gibt
auch keine RTS-Gruppe. Es gibt halt nur ein paar Leute die so´ne
Party organisieren und versuchen, ja, Raum zu bieten für Aktionen
oder das die Leute auf der Straße halt machen können, was sie
wollen. Was nun RTS an sich is, ist für mich schwierig zu erklären,
bzw. ich seh es halt ziemlich stark in diesem "Do it yourself"-Kontext.
Reclaim the streets heißt eigentlich übersetzt zurückerobern
der Straße und das soll´s eigentlich sein. Das kann jedeR machen
wie er/sie will. Also da kann mensch halt Party auf der Straße machen,
mensch kann aber genauso gut irgendwelche riots auf der Straße machen.
Das dürfte sich nicht ausschließen wie die letzte RTS wahrscheinlich
auch bewiesen hat, da da auch meiner Meinung nach endlich mal was heftigeres
passiert ist, als auf der Straße tanzen oder Musik zu hören.
Ja RTS an sich kommt aus England
und ist dort aus den Anti-Autoprotesten entstanden. Also da war halt die
Form für die Leute da Straßen zu blockieren, den Verkehr lahmzulegen
bzw. auch da wo Straßen gebaut werden sollten die Trasse zu sperren
das die Bauarbeiten halt nicht vorwärts gehen konnten. Das ganze wurde
dann halt in den Kontext von Antikapitalismus gestellt, halt das Auto als
Sinnbild für Konsum und und was weiß ich Freiheit im Kapitalismus
wird dort halt angegriffen. Ja in England ist es inzwischen ziemlich groß
geworden. Da finden jährlich keine Ahnung etliche RTS-Partys statt
und auch Aktionen halt. Ja und in Dt. gibt´s mittlerweile auch in
ziemlich vielen Städten RTS-Partys und ja ich hoffe
........ nada nada nada Band baut scheiße......
Phanti:
Wo denn überall?
RTS:
Also ich hab jetzt gehört von Leipzig, Dresden, in Frankfurt am Main
gibt´s halt so´ne Nachttanzdemos gegen die Sperrstunde statt,
was so ähnlich ist wie RTS. In Köln war wohl auch schon´ne
kleine, in Hamburg war auch schon eine. Es gibt bisher noch keinen so großen
Austausch zwischen den einzelnen Gruppen hier in Dt. Daher kann es auch
sein das irgenwo welche stattgefunden haben von denen wir gar nichts wissen.
Ach ja was noch ganz wichtig ist, ist Bielefeld. Die Anti-A33-HüttendörflerInnen
haben da ziemlich (viele) RTS-Partys gemacht.
...irgendwie fehlt da jetzt er Bezug. War wohl
auf der Bandausfallstelle. Da gings irgendwie darum, die "Freiheit" anzugreifen,
und dann fehlte die Aufklärung, daß sie die scheinbare Freiheit
im Kapitalismus meine...
Phanti:
Noch mal zurück zur Freiheit des Autos und so. Was wollt ihr denn bekämpfen,
die Freiheit oder den Kapitalismus?
die Freiheit zu bekämpfen wäre ja auch das Dümmste was mensch machen könnte (das SätzzA)
RTS:
Natürlich schon den Kapitalismus und vielleicht auch die Freiheit im Kapitalismus. Von Helmut Kohl
unserem ehemaligen Bundeskanzler wurde ja mal betont, das es ganz wichtig
ist freie Fahrt für freie Bürger zu haben. In diesem Kontext
wird natürlich Freiheit ganz anders verstanden als in unserem Umfeld.
Für´n Bürger mit 260 über´ne Autobahn zu rasen
und sich wahnsinnig frei zu fühlen, obwohl er/sie ´s nicht is.
Phanti:
Es geht dann doch noch um mehr als sich vor Autos zu stellen. Wie ja auch die englischen RTS zeigen. Die ham
sich da nämlich mit irgendwelchen streikenden ArbeiterInnen solidarisiert
und so. Das ist ja schon mehr, oder?
RTS:
In England auf jeden Fall. Bei uns ist halt ... also ich kann nur von Berlin reden, was hier bisher abgegangen
ist, war halt eher schon so´n Szeneding das mensch sich selber auf
der Straße feiert und nen Freiraum hat für kleine Aktionen wie
was weiß ich die Straße bemalen oder jonglieren blabla.
Und bisher so Zusammenarbeit mit anderen sozialen Gruppen
gibt´s eigentlich bisher noch gar nicht und mir fällt jetzt
im Moment auch gar nichts so richtig ein...Also so was wie die Dockarbeiter
in Liverpool mit denen sich RTS solidarisiert hatte oder die bzw. auch
ziemlich eng zusammengearbeitet haben. So was gibt es meiner Meinung nach
in Deutschland einfach nicht. Ne Gewerkschaft in England zum Beispiel ist
was ganz anderes als ne Gewerkschaft in Deutschland. Da hab`n die Gewerkschaften
meiner Meinung nach noch einen viel engeren Basiskontakt. Von daher-also
ich möchte nicht mit einer Gewerkschaft hier in Deutschland zusammenarbeiten.
Wie mensch sonst sonst an die ArbeiterInnen rankommt ist halt ne gute Frage.
Phanti:
Und also noch mal zu Berlin. Siehst du die leztzte RTS-Party als Erfolg, als Niederlage? Wie schätzt du
das ganze ein?
RTS:
Als erstes ist es für mich auf jeden Fall keine Niederlage, sondern ein großartiger Erfolg, ohne
jetzt in AAB-Jargon zu verfallen. Aber es hat sich zumindest gezeigt, daß
die Leute mehr wollen, als auf der Straße zu tanzen. Also die Geschichte
mit dem Laffayette, der rechne ich doch schon einen ziemlich hohen Stellenwert
an. Weil das eine neue Qualität ist bei den Partys. Bisher waren die
Partys halt immer ziemlich friedlich. Naja, es wurde halt getanzt, Musik
gemacht usw., also nicht groß jetzt irgendwas angegriffen, außer
dem Straßenverkehr natürlich. Und dies mal war es halt allein
durch die Wahl des Ortes wahrscheinlich schon vorgegeben, daß irgend
was passieren mußte. Und im Endeffekt ist es ja dann auch passiert.
Es war alles relativ zufällig, da die Bullen die Leute eher ins Lafayette
reingetrieben haben, aber immerhin ist was kaputt gegangen. Und das finde
ich schon ziemlich geil. Also wenn die Leute jetzt einfach nur so durchs
Lafayette gelaufen wären, hätte ich das ziemlich dumm gefunden.
Und ich meine, die Medienpräsenz, die die es jetzt gibt von RTS- fast
alle Tageszeitungen haben etwas darüber geschrieben und mensch stürzt
sich irgendwie ziemlich auf das Thema RTS. Und das ist meiner Meinung nach
auch ein Erfolg. Also wir sind jetzt raus aus diesem Szeneding und es wird
jetzt einfach eine größere Öffentlichkeit geben, wenn wieder
RTS-Partys stattfinden. Aber natürlich wird jetzt in den Zeitungen
zum größten Teil einfach nur über die ChaotInnen, die ins
Lafayette gestürmt sind und dabei komischerweise von den OrganisatorInnen
der RTS geredet, die sich distanzieren von den Randalen. Was ich überhaupt
nicht nachvollziehen kann, weil es einfach offiziell keine OrganisatorInnen
gibt. Schon gar nicht für irgend eine Presse, die dann irgendwelche
Interviews führen kann.
Phanti:
Wie schätzt du die Entwicklung von RTS ein? War das eher so ein gleichmäßiges Ding? Es hat
sich schon verbreitert, so wie ich das von außen sehe?
RTS:
Von außen gibt´s dabei eigentlich nicht. Ich möchte auch echt betonen, daß ich-ich
mach zwar dieses Interview-aber ich bin nicht von RTS Berlin. Also ich
bin jemand, der dabei ist und irgendwas mitorganisiert, aber also RTS,
da jedeR für sich da ist. Also, die Entwicklung, es ist schon mehr
geworden. Allerdings muß mensch natürlich berücksichtigen-also
die vorletzte RTS war am 30. April zur Walpurgisnacht. Da waren natürlich
ziemlich viele Touris in der Stadt, die halt wegen dem 1.Mai da waren.
Und darauf gewartet haben , das was passiert. Den
Bonus hatte RTS dann da einfach. Da waren da schon ziemlich viele Leute
da. Und dann kam da halt die Kesselgeschichte-was meiner Meinung nach auch
zu einer größeren Öffentlichkeit geführt hat, oder
dazu, das sich 300 Leute, die im Kessel saßen, mehr mit RTS beschäftigt
haben. Ich denke mal, je mehr Leute sich damit konkret beschäftigten,
desto größer wird die Bewegung. Und jetzt die letzte hat gezeigt,...hm
ja, ich weiß nicht wie viele da waren -so zwischen 1000 und 2000,
optimistisch natürlich 2000, realistisch na ja 1000- daß da
auf jeden Fall Leute dazu gekommen sind für eine normale RTS. Ich
denke und hoffe mal, daß es so weiter geht. Obwohl ich jetzt nicht
unbedingt so darauf aus bin, daß es halt immer mehr Leute werden,
sondern eher, daß halt die Leute wissen, das sie auf einer RTS sind.
Daß das nicht einfach bloß ein Straßenfest ist, sondern
als erstes ein illegales Straßenfest, also nicht bei den Bullen angemeldet.
Von daher eigentlich schon eine politische Aktion. Und das sollte jedem/R
schon bewußt sein. Und zum anderen hoffe ich, daß sich auch
mehr Leute auf so Aktionen vorbereiten. Halt einfach ihr Ding machen, sich
überlegen, was mensch in dieser Stadt machen kann als Protest gegen
Stadtpolitik (welche ? - das SätzA), gegen Vertreibung usw...