Die Kanäle den Ratten! Die Bürgersteige den Staatsbürgern!
Was für ein Privileg haben sich die bürgerlichen Stadtplaner für Ihresgleichen erdacht! Den Bürgersteig.
Der Laufsteg durch die Stadt für die Etablierten des Systems, erhöht und schmal und sicher neben der
ach so gefährlichen Fahrbahn. Und wie stolz nutzen sie diesen Rattenpfad, die Staatsbürger, die
Bildungsbürger, stolzieren sie auf dieser Trasse, die noch nicht einmal Menschensteig heißt, und von der
die Menschen, die nicht dem Bild des Bürgers entsprechen, von den Bütteln des Systems weggeknüppelt
werden. Es ist der Bürgersteig des Staatsbürgers, und täglich besteigt er ihn in inzestuösem Verlangen,
und es ist der Bürgersteig der Konsumbürger, der geifernd an den glitzernden Schaufenstern der
kapitalistischen Waren-Orgie auf- und abhechelt. Die Pathologie einer entfesselten Besitz- und
Erlebnismaschinerie, die Bulimie, die Fress- und Kotz-Sucht dressierter Konsumäffchen auf den
Bürgersteigen unserer Städte beobachten wir Tag für Tag diesen Seuchenzug unserer Habgier und
Prestige-Gesellschaft. Doch der Bürgersteig ist nur das Reservat für die Selbstgerechten, das Placebo für
die Gutmeinenden, das Homeland für die Eitel-Zufriedenen. Denn der wahre Fetisch der Planer und
Ingenieure, daß sind die Zylinder und Ventile, die Getriebe und Karosserien, die Einfallstraßen und
grünen Wellen. In ihren chromblitzenden Ausgeburten dürfen wohl auch Bürger mitfahren, Autobürger,
Geschwindigkeitsbürger, Abgasbürger, doch daß den Frankensteins der Transportlogistik ihre Maschine
Selbstzweck ist, daran wollen wir nicht zweifeln. Den Flotten aus Stahl reservieren sie breite Bänder aus
Asphalt, reservieren ihnen die freie Fahrt, sichern die Funktion für eine Welt des Immer-schneller,
Immer-mobiler, Immer-geradeaus. Und auf dem Bürgersteig stehen die Bürger und glotzen ergriffen auf
die knatternden, stinkenden Errungenschaften der Moderne und geben sich dem Delirium hin, ein Teil
dieses "Fortschritts" zu sein. Und müssen den Tod fürchten, wenn sie nur einen falschen Schritt vom
sicheren Bürgersteig weg machen.
Nein, unser Revier ist er nicht, der Bürgersteig, nicht unsere Aussichtsplattform, nicht unser
Refugium. Wir geben nichts auf den Konsumterror der Auslagen, wir huldigen nicht den
Maschinen, wir nehmen nicht den Platz ein, den uns andere zuweisen. Unser Nutzen orientiert sich
nicht an den Strategen der Transportlogistik, sondern an unseren Ansprüchen an urbanes Leben.
Wir sind nicht der Kitt, der die Lücken im Straßennetz füllt. Wir sind ein Netz vieler Menschen, die
die Straße für die Menschen zurückgewinnen wollen. Öffentlich, gewaltfrei und egalitär. Unser
Lebensraum beginnt da, wo der Bürgersteig aufhört.
Die Straßen den Menschen!
Reclaim the Streets
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