Bericht von der RTS-Aktion in Ulm
Am Freitag, den 21. Juli 2000, war zum ersten Mal in Ulm RECLAIM THE
STREETS. Als erste Bilanz läßt sich festhalten: es feierten etwa 300 Menschen für
eine Welt, in der viele Welten Platz haben und nahmen sich ungefragt ein
Stück öffentlichen Raums. Ulmer DJs legten Musik auf und die Menschen tanzten,
lachten, malten, trommelten,... Umzingelt wurden diese von einem
Großaufgebot der Polizei, die mit schußsicheren Westen und Handschellen gegen
"Angriffe" durch, mit Wasserpistolen "bewaffnete", Jugendliche vorgingen. Am Rande
der Feier besetzten einige Jugendliche dreimal für einige Zeit (15-45 min.)
verschiedene Straßen und entrollten Transparente mit der Aufschrift "Reclaim
the Streets".
Um 19Uhr versammelten sich nach und nach Jugendliche hinter dem Ulmer
Münster, beobachtet von fleißigen Filmteams der Polizei. Unter den Passanten
waren auch einige Polizisten und Staatsschützer in Zivil, die versuchten die
Jugendlichen zu bespitzeln bzw. auszufragen. In den umliegenden Geschäften der
"Ulmer City" hielten sich auch Beamten in Zivil auf und fotografierten
"potentielle Taschendiebe". Gegen 20Uhr setzte sich die Menge von mehreren
hundert Jugendlichen plötzlich in Bewegung. Transparente verkündeten das Motto:
"reclaim the streets". Unter lautstarken Rufen, Pfiffen und Trommeln
erreichten die Jugendlichen fast das Soundsystem, daß an der Ecke Frauenstraße/Neue
Straße gerade im Aufbau war.
Plötzlich rannte ein Polizist in Zivil los, schnappte sich den Verstärker
und rannte mit diesem los. Alle Verhinderungsversuche scheiterten und nach
einer kurzen Rangelei zwischen Jugendlichen und der Polizei packte der
Polizist den Verstärker in ein Auto und fuhr davon. 300 Jugendliche pfiffen und
skandierten: "Diebstahl!" und "Gebt uns die Musik zurück!". Mit diplomatischem
Geschick gelang es, diesen auch zurückzubekommen. Die Party nahm ihren
Lauf: DJs sorgten für Musik, die Menschen tanzen ausgelassen, malten auf die
Straße und freuten sich über den entstandenen Freiraum. Die Stimmung war super,
das Wetter gut: 300 Menschen demonstrierten eine Welt, in der viele Welten
Platz haben.
Am Rande der Party besetzten einige Jugendliche eine Spur der Kreuzung
Frauenstraße/Neue Straße. Für 15 Minuten war damit der stinkende Autoverkehr
lahmgelegt. Danach entfernten sie sich wieder, um das Soundsystem nicht zu
gefährden. Als um 22Uhr30 die RTS zu Ende ging, zogen noch etwa 150 Jugendliche
weiter nach Neu-Ulm und besetzten die Straße auf der Donau-Insel. Sofort
fuhren mehrere Mannschaftswagen der Polizei an und es stiegen
schlagstockbewaffnete Polizisten aus. Die Blockade dauerte etwa 45 Minuten und die Polizei
blieb relativ ruhig. Als die Jugendlichen weiterzogen versuchte die Poliezei
diese an der Donau-Insel-Spitze einzukesseln. Die Menge löste sich aber nach
und nach auf und auch die Polizei zog ihre Mannschaft zurück.
Einige Jugendliche zogen noch weiter zum Neu-Ulmer Bahnhof und blockierten
dort mehrere Male noch kurzzeitig die Straße. Gegen 1Uhr, als sich die
Jugendlichen gerade auf den Heimweg machen wollten, startete die Polizei noch
eine Provokation und nahm Personalien auf und beschlagnahmten zwei
Transparente. Zu Festnahmen kam es nicht, nur zwei Menschen wurden am Anfang der RTS
kurzzeitig in Handschellen abgeführt, weil sie Polizisten mit Spritzpistolen
"bedroht" hatten.
Alles in allem war es eine sehr gelungene Aktion und es wird hoffentlich
ein nächstes Mal geben.
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