Im Rahmen eines Filmbeitrages im Magazin TRACKS auf
ARTE kamen auch 2 Leute von RTS zu Wort. Hier ist die Abschrift:
Politik im Netz
Was aussieht, wie
eine kleine Party in einem Ladenlokal von Berlin-Mitte ist eine neue
Form von politischem Medien-Aktivismus. Hier entsteht ein Programm mit
DJ-Musik und Chats, linksradikalen Infos und Trash. Gesendet wird täglich
über das Internet.
Für den Internet-Aktivisten
Sebastian steckt hinter dem schrägen Experiment durchaus ein Kalkül.
Sebastian,
www.rolux.org
Der Reiz an der TwenFM-Geschichte ist, dass es eine ziemlich seltene
Konstellation ist, dass ein Radio im Fernsehen Internet macht. Das
ist spektakulär, weil es so komisch und krude ist und diese drei
Medien zusammenschliesst zu was ganz anderem, neuem und merkwürdigem,
verstörendem Ding.
Irritation ist bei
Sebastian Programm. Neue Medien wie das Internet verändern die
Politik. Zuhause betreibt Sebastian einen Internet-Server für politische
Inhalte und Vernetzung. Seine Medien-Experimente versteht er als moderne
politische Agitation.
Sebastian
Die unterscheidet sich von der klassischen linken Mobilisierung dadurch,
dass es diese Bewegung eigentlich gar nicht gibt. Das sieht vielleicht
ein bisschen so aus als stünde dahinter eine Bewegung, aber es
ist mehr so eine mögliche, eine potentielle Bewegung.
Richtige Bewegungen,
die gab es noch im vergangenen Jahrtausend. Doch die Welt verändert
sich und damit auch der Protest gegen sie. Ein Motor für die Veränderung
sind neue Technologien. Vorreiter für die politischen Aktivisten
im Internet war die Hacker-Bewegung. Im Zentrum steht für den Netzaktivisten
Pit auch heute noch die Freiheit der Information.
Pit Schulz,
www.mikro.org
Information wants to be free - Information will frei sein, das war
der Grundslogan. Es ging darum, die Informationen von den geschlossenen
Archiven rauszulassen, so wie die Schweine aus dem Stall. Das war
schon Grund genug.
Wie die Schweine
aus dem Stall agitieren auch Neonazis auf der Strasse und im Netz. Gruppen
wie die Antifaschistische Aktion nutzen das Internet, um effektiv gegen
Nazis zu mobilisieren. E-Mails statt Flugblätter, Newsgroups statt
Versammlungen, das ist für die Antifa bereits politischer Alltag.
Nina, www.antifa.de
Zum zweiten ist es eine gute Möglichkeit unzensiert irgendwelche
Informationen zu verbreiten. Es ist ja bei der Art von Politik, die
wir machen, immer wieder so, dass es Einschränkungen durch den
Staatsapperat gibt. Für uns ist es natürlich super, wenn
wir was ins Netz stellen können ohne dass es da eine Eingriffsmöglichkeit
gibt.
Schutz vor staatlicher
Kontrolle und Zensur bietet das Netz auch der Bewegung "Reclaim
The Streets ". Eine internationale, anarchistische Kampagne für
die Rückeroberung der Strasse.
Reclaim The
Streets, http://rts.squat.net
Was es leichter macht, ist die Zusammenarbeit mit Leuten, die nicht
in der selben Stadt sind. Es macht fast keinen Unterschied mehr, ob
du mit Leuten kommunizierst, die in Hamburg oder London sind. Andererseits
bekommen wir durch das Diskussionsforum immer Feedback von Leuten,
die an den Aktionen teilgenommen haben.
Berlin, Friedrichstrasse:
Party feiern statt Shopping. Reclaim The Streets organisiert bunte Aktionen
auf der Strasse wie im Netz. Den öffentlichen Raum als kreative
Spielwiese nutzen, das ist ihr Motto.
Dass sie das Internet für ihre Zwecke nutzen, ist für die
Aktivisten kein Zufall:
Reclaim The
Streets
Was ich daran wichtig finde: Das Internet ist auch ein anarchistisches
Medium - wenn du davon absiehst, dass du die Kohle brauchst, um die
Hardware zu besorgen, um da ranzukommen. Aber ansonsten kannst du
da unheimlich viel aufmachen und die Grenzen aufheben zwischen den
Organisatoren und den Leuten, die nur teilnehmen.
Die Action findet
heute im Netz statt: Server hacken statt Atomtransporte blockieren.
Websites mit Anfragen lahmlegen statt Scheiben einwerfen. Das ist die
militante Zukunft.
Pit Schulz
Die neuen Denial of service attacks sind eine neue Form von Hacking
wo gar nicht mehr in die grossen Sites eingedrungen wird, sondern
einfach Traffic erzeugt wird. Das ist eine neue Form und wird auch
nicht mehr Hacking genannt sondern Cracking.
Wer wird das Netz
in Zukunft kontrollieren? Aktivisten entwickeln neue Software und Betriebssysteme
wie Linux, die jeder frei nutzen und weiter entwickeln kann.
Pit Schulz
Das ist schon eine Form von politischem Aktivismus, der auf der Ebene
des Programmierens stattfindet und weniger auf der Ebene der Meinungsäusserung,
und dem eine Pragmatik zugrunde liegt, dass man das Medium nutzt um
bestimmte Eingentumsverhältnisse und Machtverhältnisse praktisch
zu verschieben.
Noch ist das Internet
ein elektronischer Freiraum, der von vielen genutzt werden kann und
den es zu verteidigen gilt. Sicher ist: Die Schlachten der Zukunft werden
nicht mehr auf der Strasse entschieden, sondern am Computer..
Links
http://www.mikro.org/
Reclaim The Streets: http://rts.squat.net
Rolux: http://www.rolux.org/