Die Evolution von Reclaim the Streets

Reclaim the Streets 1991 - 1995

aus Do or Die #6, Sommer 1997
englischer Text http://www.gn.apc.org/rts/evol.htm

Die Reclaim the Streets (RTS) Aktivisten haben in den letzten Jahren immer von sich reden gemacht. Von Strassen-blockaden bis zu Strassenparties, von Streiks gegen Öl-Multis bis zu Solidaritätsveranstaltungen mit streikenden Arbeitern haben die Akitivitäten und Ideen mehr und mehr Menschen angezogen und die internationale Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Doch das plötzliche Auftreten dieser Gruppe, ihr Eindringen in alternative Pop-Kultur und die Philosophie, die dahintersteht, sind bis jetzt kaum diskutiert worden.

RTS entstand im Herbst 1991 in London, zum Beginn der Anti-Strassen-Bewegung. Vor dem Hintergrund des Kampfes um Twyford Down organisierte sich eine kleine Gruppe Menschen zur Direkten Aktion gegen den Autoverkehr. Sie forderten:

"FÜR Laufen, Radfahren und billige oder kostenlose öffentliche Verkehrsmittel, und
GEGEN Autos, Strassen und das System, das sie vorantreibt."
(aus einer Broschüre zu Reclaim the Streets)

Ihre Arbeit fand in einem unscheinbaren Rahmen statt, war aber effektiv. Schon zu diesem Zeitpunkt gab es die dreisten Überraschungstaktiken, die spätere RTS-Aktivitäten prägen. Das zerstörte Auto in der Park Lane symbolisierte den kommenden Angriff auf die Auto-Herrschaft, neue Radwege wurden über Nacht auf Londons Strassen gemalt, Störung der Earls Court Motor Show und subversive Spassaktionen an Autoreklamen in der ganzen Stadt. Der Beginn der Kampagne gegen den Autobahnzubringer zur M11 führte die Aktivisten in einem lokalen Fokus zusammen, RTS wurde für eine Weile Teil der "No M11" Kampagne im Osten Londons.

Die Zeit der M11 Kampagne war aus verschiedenen Gründen bedeutend. Twyford Down war noch hauptsächlich eine ökologische Kampagne, ein Stück Natur sollte verteidigt werden. Der Widerstand gegen die M11 fand dagegen in der Stadt statt. Über Argumente gegen Strassenverkehr und über ökologische Gesichtspunkte hinaus war ein ganzes Stadtviertel der sozialen Zerstörung preisgegeben, da ganze Strassenzüge abgerissen werden sollten und in den übrigen Bereichen die Lebensqualität sinken würde, die nachbarschaftlichen Beziehungen würden durch den Autobahnbau durchschnitten.

Über diese politischen und sozialen Überlegungen hinaus entwickelten die Beteiligten in der M11 Kampagne Fertigkeiten, die für Direkte Aktionen notwendig sind. Telefonbäume wurden aufgebaut, grossen Mengen an Menschen wurden in Besetzungen der Baustelle einbezogen, Massen an Aktivisten hatten so gelenkt zu werden, dass die Polizei überlistet würde. Die Protestierenden machten auch Erfahrungen mit angrenzenden Aufgaben wie Öffentlichkeitsarbeit, den Medien und Fördergeldern.

Ende 1994 wurde eine politische Handgranate in die Arena der M 11 Aktivitäten geschmissen; der "Gesetzestext zur Strafverfolgung und öffentlichen Ordnung". Über Nacht wurde ziviler Protest zur Straftat, doch die Regierung hatte nicht damit gerechnet, wie dieses Gesetz die verschiedenen Gruppen, die es unterdrücken sollte, zusammenführen und motivieren würde. Der Kampf der Anti-Strassen-Bewegung wurde eins mit dem Kampf der Wagenburgler, Hausbesetzer, Jagdsaboteure. Insbesondere die plötzlich politisierte Raveszene wurde ein gemeinschaftliches Zuhause für viele.

Die M11 Kampange gipfelte in der symbolischen und dramatischen Schlacht in der Claremont Road. Schließlich, und mit den repetitiven Rhytmen von The Prodigy im Hintergrund, druchbrachen Polizei und Sicherheitskräfte die Barrikaden und den aufgebauten Gerüstturm, doch das war erst der Anfang des Krieges. Die Zeit der M 11 Kampagne hatte neue politische und soziale Allianzen geknüpft und unter den begeisterten Aktivisten haben sich enge Freundschaften entwickelt. Als Claremont Road verloren war, suchte dieses Kollektiv nach neuen Quellen des Audrucks und Reclaim the Streets entstand im Februar 1996 ganz neu.

Fortsetzung folgt: 1995 - 1999


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